Einsatzbericht Indien 2012
Von unserem Verein Dentists & Friends , der viel mit anderen sozialen Vereinen zusammen arbeitet und diese auch unterstützt, hatte ich erfahren, dass “KHCP“ ( Karmapa Healthcare Projekt) im Dezember 2012 wieder ein Projekt im ostindischen Bundesstaat Bihardien startet.
Wir, die Dermatologin Dr. Monika Agathos, und ich, Krankenschwester Uta Grefe, zeigten uns an dem KHCP Projekt sehr interessiert und trafen uns mit den beiden Gründern und Organisatoren, Pia und Peter Cerveny, im Sommer 2012 in München. Bei einem gemeinsamen, gemütlichen Abendessen erfuhren wir Genaueres über das Projekt.
Das Projekt wurde von »The Holiness 17th Karmapa« gegründet Pia und Peter arbeiten mit Karmapa eng zusammen und organisieren während des ganzen Jahres Ärztecamps in Asia. So findet auch jedes Jahr vom 14. - 21. Dez. ein Mönlam Fest (internationale Buddhisten –Gebetswoche) unter der Führung von Karmapa statt. Das KHCP Med.Camp wird von Pia und Peter organisiert und geleitet und die Pilger werden während des 7 Tage dauernden Mönlam -Festes von dem Ärzteteam dieses Camps begleitet und medizinisch betreut.
Das Ärztecamp wird aus 20 Ärzten und Helfern bestehen und vor Ort werden noch einige Mönche als Übersetzer für Hindi, Tibetisch und Nepali dazukommen. Am 11. Dez. ist Ankunft im Medical Camp, Heimreise ist am 22. Dez. Dies wurde uns beim ersten Treffen berichtet. Beim zweiten Treffen wurden wir noch einmal kritisch beäugt und dann gab es von beiden Seiten eine befriedigende Zusage.
Kurz vor unserem Abflug wurden wir von Pia und Peter gefragt, ob wir vor dem Mönlam eine Woche nach Sikkim mitkommen wollten. Wir machten mit!
Am 1.Dezember 2012 trafen wir Peter und Pia Cerveny am Flughafen in Delhi. Zwei Tage blieben wir in Delhi, einen Tag zur Stadtbesichtigung und einen Tag verbrachten wir in der von Karmapa gegründeten » Freien, buddhistischen Universität Delhi« und hörten eine Vorlesung von Karmapa, an der auch viele Studenten aus Europa teilnahmen.
Am 3. Dez, an einem rötlich, klaren Morgen, flogen wir entlang der Himalayakette (Mt.Khangchendzodnga-8558m) nach Bagdogra .Von dort fuhren wir mit einem Taxi eine schmale, staubige Straße im Konvoi mit riesigen Lastern,- bei Gegenverkehr !- nach Kalimpong in 1300m Höhe zu dem Institut »Buddhist Research and Educationel Institute« , wo wir 2 Tage blieben .Während das Ehepaar Cerveny wichtige Besprechungen hatte, konnte Monika für die Mönche 2x eine dermatologische Sprechstunde halten und ich war für Verbände zuständig. 120 Mönch- Studenten waren zu dieser Zeit zu einem Studium dort und legten gerade ihre Prüfungen ab, man konnte die Anspannung der Studenten förmlich spüren. The Holiness Karmapa lehrt auch in diesem Institut.
Am 6. Dez. fuhren wir weiter mit einem Jeep nach Rumtek, ebenfalls wieder in ein Mönchskloster, zu dem auch eine Schule gehört. Wir wurden sehr herzlich empfangen und blieben für 3 Nächte. Pia und Peter hatten wieder einige Besprechungen und Monika hielt wieder 2x dermatologische Sprechstunden, zu denen auch externe Patienten kommen konnten. Da unser »Behandlungsraum« im Freien war, gab es auch viele neugierige Zuschauer, die aber ganz leise waren und so kaum störten. Ich musste viele offene, entzündete Wunden behandeln und Verbandsstoff mitgeben. Am zweiten Tag waren wir im nahegelegenen buddh. Nonnenkloster zu einem köstlichen Mittagessen eingeladen. Anschließend verarztete Monika noch einige Nonnen. Es war ein fröhlicher Nachmittag bei den Frauen! Beim Abschied erfuhren wir, dass auch viele Nonnen zum Mönlam nach Bodhgaya kommen wollen. Eine lange Reise, die viele Buddhisten 1x im Jahr machen. Am nächsten Tag hatten wir noch genügend Zeit, um mit unserem netten Gastgeber, dem Schulleiter Purba, einen kleinen Ausflug durch die hügelige, hübsche Landschaft bis zu einem Kloster, das gerade restauriert wurde, zu unternehmen. Leider verdeckte uns wieder ein dichter Nebel die Aussicht auf die Achttausender, so dass wir dahinter die weißen Giganten nur ahnen konnten. Am 8. Dez. gab es einen sehr freundlichen Abschied vom Schulleiter Burba mit Tee aus Darjeeling. Ein Gebetsschal mit vielen guten Wünschen wurde uns feierlich überreicht. Wir waren richtig gerührt.
Mit einem Taxi ging es nun wieder zurück bis Siliguri. Die kleine, lebendige Stadt liegt in der Nähe des Flughafens Bagdogra. Noch ein kurzer Bummel durch die Altstadt, wo viele Stände von grellem Weihnachtsschmuck und Plastikbäumchen überquollen. Erstaunlich, da in Sikkim kaum Christen leben! Es wird eben gerne gefeiert!
9. Dez: am Flughafen wieder dichter Nebel! Nach einer langen, ungewissen Wartezeit mussten wir uns am späten Nachmittag zu einer Taxifahrt von Bagdogra direkt nach Bodhgaya entschließen - 800 km! Peter und Pia wollten rechtzeitig zum Empfang der 20 Ärzte und Helfer des Mönlam Medcamps in Bodhgaya sein. So suchten wir nach einem wachen Fahrer mit einem halbwegs »gesunden« Auto. Plötzlich waren ganz viele Taxifahrer da. Laut flehent priesen sie ihre »fast neuen, bequemen« Blechdosen an, nur einmal im Leben gibt’s so eine Chance! Peter hatte mit sicherem Gefühl einen wirklich netten, höflichen Fahrer gefunden, dessen liebstes Kind wohl sein Auto war. Nur ein einziges Mal während der 12stündigen Fahrt musste er es ermahnen. Wach blieben wir, begleitet von vielen Pommes Chips, alle fünf, einschließlich unseres Fahrers, der uns wirklich bestens über schmale, wilde Schotterpisten ans Ziel brachte. Am 10. Dez. sind wir um 05 Uhr pünktlich, nicht grad frisch und munter, aber dankbar, in Bodhgaya angekommen!
Am 11. Dez. mittags kamen schon die ersten Mitarbeiter aus Canada. Die erste Lagerbesprechung, verbunden mit der individuellen Vorstellung wurde für den 12. morgens geplant.
Pia und Peter hatten schon 4x das Mönlam Med.Camp organisiert und machten mit uns einen kurzen Rundgang durch die Tempelanlage. Der Mahabodhi Tempel ragt 55m über die Tempelanlage, ein Backsteinbau aus dem 7Jh. Die steinerne Einfriedung mit 85 Sandsteinpfeilern sind zum Teil noch aus dem 2Jh. v. Chr. und mit wunderschönen, alten Reliefs geschmückt. Alles war schon festlich mit Butterlampen, Blumen und bunten Gebetsfahnen geschmückt. Beeindruckend und märchenhaft ! Und dann standen wir vor dem heiligen Bodhi-tree, dem Baum unter dem Buddha Erleuchtung fand. Genau unter diesem Baum wird der Thron von Karmapa stehen und dort wird er 7 Tage gemeinsam mit tausenden Pilgern beten. Heute sitzen hier nur einzelne Pilger tief in ihr Gebet versunken.
12. Dez: um 8 Uhr trafen wir uns alle im Frühstücksraum des Hotels. Begrüßung durch Ehepaar Peter und Pia, dann Vorstellung unseres Teams. Das Helferteam ist international, aus Canada, Amerika, Malaysia, Buthan, Frankreich, Österreich, Tschechien, Holland etc. Ärzte verschiedenster Fachrichtungen sind angereist: ein HNO-Arzt aus Deutschland, ein Hörgeräteakustiker mit Hörgeräten aus Wien, Zahnärzte und Helfer, Physiotherapeuten, Fachleute für Akupunktur, Internisten, Dermatologen, eine Amschi, die speziell tibetische Medizin studiert hat und bei den Asiaten sehr gefragt war. Überall gab es Dolmetscher, die zwischen Menschen aus Tibet, Indien, Buthan und Nepal übersetzen mussten. Wir hatten sogar “Türsteher“, die aufpassten, dass wir auf dem quadratischem Platz mit Zeltdach, knapp neben dem Bodhibaum, mitten unter den betenden Pilgern, nicht über neugierige Leute stolperten.
Da wegen dichten Nebels in Delhi keine Flieger starten konnten, sind einige Teammitglieder erst abends angekommen und die weiteren Besprechungen fanden erst am 13. Dez. statt. Der offizielle Beginn des Monlam ist sowieso erst am 14. Dez.! Auch Karmapa sitzt noch in Delhi fest und sein großer Empfang zum Mönlam-Fest muss verschoben werden. Tausende Pilger haben umsonst vor seinem Tempel gewartet.
Unser Hotel war sehr einfach, dreckig und laut, aber es lag unmittelbar neben der Tempelanlage. Das war gut. Die tgl. kurze Teambesprechung findet immer beim Frühstück statt. Da wir fast alle im gleichen Hotel untergebracht sind, ist das ideal.
Am 13. Dez wurde zuerst das Zeltdach beim Bodhibaum aufgestellt. Tische, Stühle und Liegen waren schon bereit gestellt und jeder Arzt und Therapeut konnte für sich einen Platz finden. Auch Tischdecken, Abfalleimer und Wasser waren schon organisiert. Anschließend fuhren wir alle mit Rikschas zur klösterlichen Gästeherberge, “Nima Gompa“ wo wir für die 10 Tage 2 geschlossene Räume bekamen. Hier warteten schon Kisten und Schachteln, mit Instrumenten und Medikamenten, um von uns ausgepackt und fachmännisch geordnet zu werden. Jeder Arzt konnte sich aus einem riesigen Depot seine Grundmedizin zusammenstellen und für den Einsatz am Bodhibaum mitnehmen. Für die Zahnärztin war sogar eine neue mobile Zahnstation, zerlegt, in einem riesigen Koffer. Wir stellten sie zusammen (nach Anleitung) und konnten sie voll einsetzen! In den beiden geschlossenen Räumen blieben für die 9 Tage nur die französische Zahnärztin mit mir als Assistentin und Übersetzerin ins Englische, die Amschi mit zwei Helfern, ein dermatologischer Pfleger und eine Allgemeinärztin aus Holland mit einer Nonne als Übersetzerin, die auch sonst geschickt und interessiert half. Am späten Nachmittag kam oft noch Martin, der Hörgeräteakustiker, der Hörtests durchzuführte und eigentlich dafür absolute Ruhe brauchte. Dennoch konnte er vielen Schwerhörigen mit einem Hörgerät das Leben erleichtern!
In der Gästeherberge, Nima Gompa, wurden 2600 Pilger für 12 Tage untergebracht und von einer offenen Zeltküche versorgt. Auch wir bekamen unser Essen dort.
Die Arbeit beim Bodhibaum fand von 9 h - 17 h statt (mit Mittagspause). In unseren Räumen im »Nima Gompa« behandelten wir von 12 h - 19:30 h, halfen aber vormittags beim Bodhibaum. Ich selber konnte beim Bodhibaum überall mithelfen.
Im Nima Gompa assistierte ich der französischen Zahnärztin. Ein Mädchen aus Buthan, auch eine Pilgerin, half beim Desinfizieren der Instrumente. Hilfen und Dolmetscher für die Nepalesen, Inder, Tibeter und Buthaner, das war bestens organisiert.! Fehlten uns irgendwelche Medikamente so konnten wir sie sofort per Handy bei unseren beiden Boten bestellen. Die fuhren mit einer Rikscha zur Apotheke, und meistens hatten wir das Gewünschte in kürzester Zeit. So kamen auch die Wasserflaschen zu uns.
Abends, wenn die Pilger von ihrem Monlam in ihre Herberge und zum Abendessen zurückkamen, war bei uns der größte Ansturm. Magen-Darm-Probleme, kleine Verletzungen, Kopfweh, Husten, Zahnschmerzen…alle wollten noch etwas. Auch die Tibeter wollten noch zur Amschi. Da war ein Türsteher ideal! Es meldeten sich immer wieder Pilger die uns halfen. Bis wir Schluss machen konnten, war es meistens schon 20:30 h, dann feilschten wir noch um günstige Rikschas und freuten uns auf ein tibetisches Essen oder einen großen Topf Gemüsesuppe! Schön scharf und heiß!
Unsere Zimmer waren mehr als ungemütlich, Gott sei Dank hatten wir selten Strom und mit Kerzenlicht war es auszuhalten. Dann mussten wir uns noch die Erlebnisse des Tages erzählen, da Monika ja immer beim Bodhibaum arbeitete. Dabei schliefen wir schon ein, wenn uns nicht ein Moskito besuchen wollte. Ein gutes Moskitonetz sollte man schon dabei haben!
Vom 14. bis zum 20 Dez arbeiteten wir täglich zu den gleichen Zeiten. Während des Frühstücks gab es immer einen kurzen Tagesüberblick mit Pia und Peter und den beiden Teamleitern, Bettina und Gustavo.
Nachdem unsere Arbeit beendet war, trafen wir uns alle im Nima Gompa um die übriggebliebenen Medikamente und die Instrumente für den nächsten Einsatz in Kathmandu transportgerecht zu verpacken.
Am letzten Tag waren wir als Dank für unseren Einsatzes für KHCP von The Holiness 17 th Karmapa zu einer Audienz eingeladen, bei der er sich noch einmal persönlich bei uns bedankte. Auch alle Helfer waren dabei!
Zum Schluss wurde noch ein Foto mit 33 zufrieden lächelnden Mitarbeitern vor dem Karma-Tempel gemacht. Voller intensiver Eindrücke und Erlebnisse ging jeder wieder seiner eigenen Wege.