Bohren unterm Baum – Reiss-Huke 2006
Nach gut 25-jähriger Tätigkeit in eigener Praxis, kommt der Moment, an dem man sich überlegt, was man noch erreichen möchte. Mein Haus ist abbezahlt, die Praxiseinrichtung mal wieder, Mann und Kind sind aus dem Gröbsten raus- Zeit inne zu halten und nachzudenken, was ich für mich tun möchte. Nach dem Studium hatte ich, wie viele andere, den Wunsch in den Entwicklungsdienst zu gehen oder zu »Ärzte ohne Grenzen«. Aber all diese Organisationen suchten zwar händeringend Personal, jedoch keine Zahnärztin.
Genau in dieser Überlegungsphase – wohin mit mir und meiner weiter bestehenden Liebe zur Zahnmedizin und dem Reisen – begegnete ich Dr. Hans- Lothar Amelunxen anlässlich seiner Fortbildung für `Ganzheitliche Zahnmedizin´. In diesem Rahmen stellte er sein Chaco- Projekt vor und warb für den Einsatz von erfahrenen Zahnärzten in Paraguay. Kurzentschlossen sagte ich ihm meine Dienste für August 2006 zu. In Begleitung meines Mannes Thomas, der sich entschlossen hatte, als Helfer mitzumachen, landete ich Anfang August in Asuncion/ Paraguay. Leider waren unsere Koffer langsamer als wir.
Nachdem alles Organisatorische erledigt war (Bescheid geben beim Projektpartner, dem Vikariat, Materialeinkäufe im Dentaldepot usw.) ging der Trip früh am Sonntagmorgen (4 Uhr!) mit einem Pickup- Truck los. Ziel war die erste Station meiner Tätigkeit, Escalante, in der Nähe der argentinischen Grenze. Mein Mann durfte noch in Asuncion bleiben, in der Hoffnung die vermissten Koffer doch noch aufzutreiben.
Nachmittags gegen drei Uhr kam ich erschöpft und staubig (die Fahrt ging im zweiten Teil nur noch über Lehmpisten) auf der Missionsstation in Escalante an. Hermana Romy, die Gesundheitsschwester, war vor allem froh, dass ich mich auch auf Spanisch verständlich machen konnte. Dank sei den Kassettenkursen! Die nächsten drei Tage arbeitete ich in der Gesundheitsstation von Escalante. Leider konnte ich keine Füllungen legen, da die Missionsstation nur abends zwischen sechs und neun Uhr über Strom verfügte. Also war Zähneziehen angesagt! Damit war ich auch reichlich beschäftigt, da der nächste reguläre Zahnarzt doch etliche Kilometer entfernt in Asuncion sitzt und die Indigenas diese lange Fahrt nur wegen einem Loch im Zahn kaum machen.
Nach dem ersten Arbeitstag hatte sich bereits herumgesprochen, dass das Zähneziehen bei mir schmerzlos und schnell vonstatten geht. Ich verabreichte immer drei Patienten die Injektion, dann wurde beim ersten mit der Extraktion begonnen und so fort. Mein Ruf der Tüchtigkeit war am zweiten Nachmittag schon so gewachsen, dass zwei Patienten hochbNach gut 25-jähriger Tätigkeit in eigener Praxis, kommt der Moment, an dem man sich überlegt, was man noch erreichen möchte. Mein Haus ist abbezahlt, die Praxiseinrichtung mal wieder, Mann und Kind sind aus dem Gröbsten raus- Zeit inne zu halten und nachzudenken, was ich für mich tun möchte. Nach dem Studium hatte ich, wie viele andere, den Wunsch in den Entwicklungsdienst zu gehen oder zu »Ärzte ohne Grenzen«. Aber all diese Organisationen suchten zwar händeringend Personal, jedoch keine Zahnärztin.
Genau in dieser Überlegungsphase- wohin mit mir und meiner weiter bestehenden Liebe zur Zahnmedizin und dem Reisen- begegnete ich Dr. Hans- Lothar Amelunxen anlässlich seiner Fortbildung für `Ganzheitliche Zahnmedizin´. In diesem Rahmen stellte er sein Chaco- Projekt vor und warb für den Einsatz von erfahrenen Zahnärzten in Paraguay. Kurzentschlossen sagte ich ihm meine Dienste für August 2006 zu. In Begleitung meines Mannes Thomas, der sich entschlossen hatte, als Helfer mitzumachen, landete ich Anfang August in Asuncion/ Paraguay. Leider waren unsere Koffer langsamer als wir.
Nachdem alles Organisatorische erledigt war (Bescheid geben beim Projektpartner, dem Vikariat, Materialeinkäufe im Dentaldepot usw.) ging der Trip früh am Sonntagmorgen (4 Uhr!) mit einem Pickup- Truck los. Ziel war die erste Station meiner Tätigkeit, Escalante, in der Nähe der argentinischen Grenze. Mein Mann durfte noch in Asuncion bleiben, in der Hoffnung die vermissten Koffer doch noch aufzutreiben.
Nachmittags gegen drei Uhr kam ich erschöpft und staubig (die Fahrt ging im zweiten Teil nur noch über Lehmpisten) auf der Missionsstation in Escalante an. Hermana Romy, die Gesundheitsschwester, war vor allem froh, dass ich mich auch auf Spanisch verständlich machen konnte. Dank sei den Kassettenkursen! Die nächsten drei Tage arbeitete ich in der Gesundheitsstation von Escalante. Leider konnte ich keine Füllungen legen, da die Missionsstation nur abends zwischen sechs und neun Uhr über Strom verfügte. Also war Zähneziehen angesagt! Damit war ich auch reichlich beschäftigt, da der nächste reguläre Zahnarzt doch etliche Kilometer entfernt in Asuncion sitzt und die Indigenas diese lange Fahrt nur wegen einem Loch im Zahn kaum machen.
Nach dem ersten Arbeitstag hatte sich bereits herumgesprochen, dass das Zähneziehen bei mir schmerzlos und schnell vonstatten geht. Ich verabreichte immer drei Patienten die Injektion, dann wurde beim ersten mit der Extraktion begonnen und so fort. Mein Ruf der Tüchtigkeit war am zweiten Nachmittag schon so gewachsen, dass zwei Patienten hochbefriedigt bereits nach der Injektion nach Hause gingen: “ Die ist wirklich sehr schnell“. Sie wurden aber wieder von Hermana Romy eingefangen und auf den Stuhl gesetzt zum zweiten Teil der Behandlung.
Am vierten Tag war das Umland angesagt. Zeit und Ort meiner Behandlung wurde jeden Tag über das Radio angekündigt. La dentista Cornelia de Alemania con grande experiencia! Nach zwei Stunden Fahrt mit einem Minibus wurde mitten im Nichts unter einem Baum der klappbare Behandlungsstuhl aufgebaut, auf einen Tisch kamen die benötigten Instrumente und schon konnte es losgehen. Patienten hatten sich auch genügend eingefunden, die bereits den Aufbau kritisch überwachten. Wie üblich trauten sich auch hier die Frauen und Kinder zuerst. Nach einer Stunde saß dann der erste Mann auf dem Stuhl. Obwohl dem Befund nach etliche Zähne extraktionsreif waren, wollte er doch nur den unteren Vierer gezogen bekommen. Na gut, es sind ja seine Schmerzen, also bekam er seine Spritze und reihte sich in die Warteschlange ein. Offensichtlich ging die Extraktion dann viel besser über die Bühne, als er gefürchtet hatte, jedenfalls wollte er dann die anderen vier zerstörten Zähne auch noch gezogen haben. Also wieder injiziert und brav in die Schlange eingereiht. Er küsste mir am Schluss tatsächlich die Hand, wo erlebt man das noch in Deutschland! Die anderen Tage verliefen ähnlich, doch war inzwischen auch mein Mann (mit Koffern!) angekommen -und konnte mir behilflich sein bei Vorbereitung und Desinfektion. Dadurch war die Arbeit doch wesentlich entspannter.
Die zweite Station war dann ein Internat mit über zweihundert Kindern in Pozo Colorado. Hier war neben dem obligatorischen Zähneziehen auch Hilfe zur Selbsthilfe angesagt. Hermana Cecily hatte bereits einen Vierwochenkurs in Asuncion absolviert und brauchte noch praktische Anleitung, welche Zange, welcher Hebel, wie lockere ich wo, in welche Richtung wird luxiert usw.. Dabei muss ja immer bedacht werden, dass keine Aufklappung möglich und der nächste Zahnarzt vierhundert Kilometer entfernt ist. Also sachte und vorsichtig ans Werk! Als Cecily ihren ersten drei(!)wurzeligen unteren Sechser im Ganzen herausbrachte, rief sie entzückt: “ Oh it`s like a delivery!“ Da wusste ich, jetzt hat sie die richtige Einstellung und den nötigen Respekt vor Patient und Zahn.
Die dritte und letzte Station war dann in Mariscal, dem Bischofssitz. Hier waren wir im Haus des Bischofs Lucio und seines Stellvertreters, Padre Miguel untergebracht. Zu meiner großen Freude konnte ich in St. Teresita bei einem zweitägigen Einsatz endlich auch wieder ein paar Füllungen legen. Es gab nicht nur Strom, sondern auch eine kleine mobile Zahnarzteinheit. Nach so vielen extrahierten Zähnen jubelt doch das Zahnarztherz, wenn endlich wieder etwas zum Erhalt der Zähne beigetragen werden kann.
Auch von hieraus ging es dann wieder mehrere Tage sternförmig in abgelegene Indigenadörfer, wo ich in Schulen oder Gesundheitsstationen arbeitete. Leider ohne den klappbaren Stuhl von Escalante. Hier musste halt ein einfacher Küchenstuhl diesen Dienst leisten. Jetzt war ich erst richtig froh über die Begleitung von Thomas, denn da war Köpfe halten angesagt. Ein paar Indigenastämme sind nun der Ansicht, dass in Deutschland das Matriarchat herrscht. Sie erkundigten sich immer wieder, ob der Adjudante wirklich mein Mann ist und wir auch tatsächlich verheiratet sind. (Thomas, im wirklichen Leben Professor an der Fachhochschule, spielte brav mit, lächelte nur freundlich und sagte immer: “ Si, si!“)
Am letzten Tag in Mariscal gab es noch eine große Fiesta. Miguel feierte sein 25-jähriges Priesterjubiläum. Das war für uns als geladene Gäste, natürlich ein schöner Ausklang.
Am nächsten Tag fuhr uns Bischof Lucio zurück nach Asuncion (wann hat man schon mal einen Bischof als Chauffeur!). Ein letzter Stopp noch bei der Radiostation PA´I PUKU, wo wir ein Live-Interview geben musste und dann hieß es ade Paraguay.
Bilanz: Extraktionen 478 , Füllungen 11.
Ob ich es noch mal machen würde?-
Aber ja, jederzeit!efriedigt bereits nach der Injektion nach Hause gingen: “ Die ist wirklich sehr schnell“. Sie wurden aber wieder von Hermana Romy eingefangen und auf den Stuhl gesetzt zum zweiten Teil der Behandlung.
Am vierten Tag war das Umland angesagt. Zeit und Ort meiner Behandlung wurde jeden Tag über das Radio angekündigt. La dentista Cornelia de Alemania con grande experiencia! Nach zwei Stunden Fahrt mit einem Minibus wurde mitten im Nichts unter einem Baum der klappbare Behandlungsstuhl aufgebaut, auf einen Tisch kamen die benötigten Instrumente und schon konnte es losgehen. Patienten hatten sich auch genügend eingefunden, die bereits den Aufbau kritisch überwachten. Wie üblich trauten sich auch hier die Frauen und Kinder zuerst. Nach einer Stunde saß dann der erste Mann auf dem Stuhl. Obwohl dem Befund nach etliche Zähne extraktionsreif waren, wollte er doch nur den unteren Vierer gezogen bekommen. Na gut, es sind ja seine Schmerzen, also bekam er seine Spritze und reihte sich in die Warteschlange ein. Offensichtlich ging die Extraktion dann viel besser über die Bühne, als er gefürchtet hatte, jedenfalls wollte er dann die anderen vier zerstörten Zähne auch noch gezogen haben. Also wieder injiziert und brav in die Schlange eingereiht. Er küsste mir am Schluss tatsächlich die Hand, wo erlebt man das noch in Deutschland! Die anderen Tage verliefen ähnlich, doch war inzwischen auch mein Mann (mit Koffern!) angekommen und konnte mir behilflich sein bei Vorbereitung und Desinfektion. Dadurch war die Arbeit doch wesentlich entspannter.
Die zweite Station war dann ein Internat mit über zweihundert Kindern in Pozo Colorado. Hier war neben dem obligatorischen Zähneziehen auch Hilfe zur Selbsthilfe angesagt. Hermana Cecily hatte bereits einen Vierwochenkurs in Asuncion absolviert und brauchte noch praktische Anleitung, welche Zange, welcher Hebel, wie lockere ich wo, in welche Richtung wird luxiert usw.. Dabei muss ja immer bedacht werden, dass keine Aufklappung möglich und der nächste Zahnarzt vierhundert Kilometer entfernt ist. Also sachte und vorsichtig ans Werk! Als Cecily ihren ersten drei(!)wurzeligen unteren Sechser im Ganzen herausbrachte, rief sie entzückt: “ Oh it`s like a delivery!“ Da wusste ich, jetzt hat sie die richtige Einstellung und den nötigen Respekt vor Patient und Zahn.
Die dritte und letzte Station war dann in Mariscal, dem Bischofssitz. Hier waren wir im Haus des Bischofs Lucio und seines Stellvertreters, Padre Miguel untergebracht. Zu meiner großen Freude konnte ich in St. Teresita bei einem zweitägigen Einsatz endlich auch wieder ein paar Füllungen legen. Es gab nicht nur Strom, sondern auch eine kleine mobile Zahnarzteinheit. Nach so vielen extrahierten Zähnen jubelt doch das Zahnarztherz, wenn endlich wieder etwas zum Erhalt der Zähne beigetragen werden kann.
Auch von hieraus ging es dann wieder mehrere Tage sternförmig in abgelegene Indigenadörfer, wo ich in Schulen oder Gesundheitsstationen arbeitete. Leider ohne den klappbaren Stuhl von Escalante. Hier musste halt ein einfacher Küchenstuhl diesen Dienst leisten. Jetzt war ich erst richtig froh über die Begleitung von Thomas, denn da war Köpfe halten angesagt. Ein paar Indigenastämme sind nun der Ansicht, dass in Deutschland das Matriarchat herrscht. Sie erkundigten sich immer wieder, ob der Adjudante wirklich mein Mann ist und wir auch tatsächlich verheiratet sind. (Thomas, im wirklichen Leben Professor an der Fachhochschule, spielte brav mit, lächelte nur freundlich und sagte immer: “ Si, si!“)
Am letzten Tag in Mariscal gab es noch eine große Fiesta. Miguel feierte sein 25-jähriges Priesterjubiläum. Das war für uns als geladene Gäste, natürlich ein schöner Ausklang.
Am nächsten Tag fuhr uns Bischof Lucio zurück nach Asuncion (wann hat man schon mal einen Bischof als Chauffeur!). Ein letzter Stopp noch bei der Radiostation PA´I PUKU, wo wir ein Live-Interview geben musste und dann hieß es ade Paraguay.
Bilanz: Extraktionen 478 , Füllungen 11.
Ob ich es noch mal machen würde?
Aber ja, jederzeit!