Zwei Monate nach unserem Staatsexamen wollten wir unsere große Reise antreten. In Deutschland mussten wir uns noch um ein paar Dinge kümmern, wie z.B. unsere Impfungen und die Reiseapotheke auffrischen, Spenden besorgen, etc.
Annette, unsere liebe Ansprechpartnerin aus Baden Baden in Deutschland & Organisatorin der ganzen Famulatur, hat uns im Vorhinein schon mit vielen Infos versorgt und wollte dieses Jahr nach 3 Jahren Coronapause auch wieder mit nach Bolivien reisen und verbrachte ganze 5 Wochen mit uns zusammen. Gearbeitet haben wir jedoch selbstständig, sie wollte nur mal wieder an beiden Einsatzorten nach dem Rechten sehen.
Unsere Famulatur startete dann Ende Februar mit einem Flug nach Madrid und von da aus ging es weiter nach Santa Cruz. Am Flughafen wurden wir schon mit einem Namensschild abgeholt und ins Hostel gebracht. Das Hostel liegt in einem ärmeren Viertel etwas außerhalb der Innenstadt, diese ist aber mit der Linie 21 einfach zu erreichen. Man stellt sich einfach vors Hostel und der Bus kommt ca. alle 10 Minuten. Zum Einsteigen streckt man die Hand raus und zum Anhalten ruft man »Pare por favor«.
Am ersten Tag waren wir mit Nacira bei der Plataforma Solidaria und danach kauften wir alle möglichen Sachen ein die uns fehlten für die Arbeit, aber auch Essen, Geld und SIM Karten (wichtig: Karte vom Anbieter Entel, vor allem für Challa).
An den zwei Wochenenden in Santa Cruz schauten wir uns die Stadt an, erkundeten die Nachbarschaft, besuchten mehrere Märkte, die Lomas de Arena und Cotocá. Ganz viel einheimisches Essen durfte natürlich auch nicht fehlen, wie zum Beispiel Empanadas, Arepas und Brochetas. Die Getränke Mocochinchi und Api sind typische Getränke, allerdings natürlich sehr süß und mit viel Zucker. Die »Kjaras de Tio Edu« und den Pollo al broaster gegenüber vom Hostel müsst ihr auch ausprobieren.
Am Montag begann dann unser erster Arbeitstag. Wir wurden jeden Tag vom Hostel abgeholt und wieder zurückgebracht von Naciras Mann.
Der erste Tag startete direkt mit einer plastischen Deckung bei MAV. Aber auch das haben wir geschafft. Die meiste Zeit haben wir aber eher Füllungen gelegt und natürlich Zähne gezogen. In den zwei Wochen in Santa Cruz haben wir ca. 120 Patienten jeglichen Alters behandelt. Es gibt auf jeden Fall sehr viel zu tun. Der Hausmeister Roland ist auch super nett und kümmert sich immer darum, dass genug Patienten kommen.
Das Behandlungszimmer ist gut ausgestattet und eigentlich hat man alles da was man braucht. Mal spinnt der Sauger aber sonst klappt alles!
Die Menschen waren auch alle sehr nett und vor allem das Essen, welches jeden Tag frisch von einheimischen Frauen zubereitet wurde in der Küche, war immer unser Highlight des Tages.
Nach 2 Wochen Santa Cruz ging es dann am Samstag weiter mit einem 40-minütigen Flug nach Sucre. Kaum hingesetzt waren wir schon gelandet. Von Arturos Sohn Aaron haben wir eine kleine Stadtführung bekommen und den restlichen Samstag und Sonntag hatten wir dann für uns. Sucre hat uns wirklich sehr gut gefallen! El Museo de la Libertad, La Plaza 25 de Mayo, El Mercado Central, La Iglesia de San Felipe, der Friedhof und die Recolata sind einige Sehenswürdigkeiten die man in dieser historisch geprägten Stadt gesehen haben sollte.
Von Sonntag auf Montag ging es dann weiter mit einem Nachtbus (El emperador) nach Uyuni. Dort starteten wir unsere 3-tägige Salar-Tour.
Unser Tourguide hieß Luís. Er hat uns super viele Dinge erklärt, uns morgens, mittags und abends mit leckerem Essen versorgt und sicher von A nach B gebracht, obwohl die Straßenverhältnisse echt schlecht waren und wir mehrere Straßenblockaden umfahren mussten. Am ersten Tag ging es durch die Salar de Uyuni wo natürlich auch die typischen Spiegelbilder entstanden sind. Am 2. und 3. Tag sind wir bis an die Grenze von Argentinien und Chile gefahren und haben Lagunen, Llamas, Flamingos, Geysire und Thermalquellen gesehen. Die Tour war einfach nur atemberaubend und ist auf jeden Fall empfehlenswert. Es gibt aber kein warmes Wasser, keine Duschen, kein Internet und die Nächte sind eiskalt. Lohnt sich aber trotzdem!
Nach 3 Tagen ging es dann mit dem Nachtbus nach La Paz. Auch hier gab es wieder »Bloqueos« weswegen die Fahrten in Bolivien auch mal 16 Stunden dauern können.
In La Paz kauften wir dann die restlichen Dinge für Challa ein und am nächsten Tag wurden wir schon von Víctor abgeholt. Er brachte uns zum Bahnhof. Mit dem Bus ging es zum Hafen, von da aus nach Copacabana und dann nochmal mit dem Boot nach Challa.
In Copacabana wurden wir von Nelson in Empfang genommen, bei dem wir auch die nächsten 2 Wochen wohnen sollten. Sein Hostel liegt direkt am Wasser, man schläft mit Wellenrauschen unter dem Sternenhimmel ein und kann morgens die Schafherden beobachten, die am Hostel vorbeilaufen. Allerdings gibt es manchmal kein fließendes Wasser, nur selten warme Duschen und nachts ist es wirklich eiskalt. Also nehmt unbedingt einen Schlafsack und warme Kleidung mit.
Auch in Challa wurden wir nach dem 2./3. Tag geradezu von Patienten überrannt und hatten mal wieder viel zu tun. Nicht selten saßen wir bis 20 Uhr in der Praxis um alle Patienten behandeln zu können. Die Behandlunsgeinheit hat bei uns einwandfrei funktioniert, sodass wir innerhalb der 9 Tagen ganze 84 Patienten behandeln konnten. Vormittags waren es meistens ältere Patienten, vor allem die einheimischen »Cholitas« und nachmittags kamen dann die ganzen Kinder.
Außerdem waren wir auch in der Schule von Challa und haben in jeder Klasse einen Vortrag gehalten und mit den Kleinen das Zähneputzen geübt.
Wir kamen ehrlich gesagt mit schlimmen Erwartungen, was den Mundhygienezustand betrifft, nach Challa. Allerdings wurden wir positiv überrascht. Der Zustand ist sogar besser als in Santa Cruz und jahrelange Arbeit und Aufklärung der letzten Gruppen haben Wirkung gezeigt!
Um zur Praxis zu gelangen muss man 20 Minuten einen steilen Berg hochlaufen, was manchmal auf ohnehin schon 4000 Höhenmetern etwas anstrengend sein kann. Man wird aber mit einer tollen Aussicht belohnt und ständig laufen einem Esel, ganze Schafherden und Schweine über den Weg.
Am Wochenende haben wir einen Ausflug nach Yumani gemacht, wo man gut essen gehen kann und die »Fuente del Inca« besichtigen kann. Am nächsten Tag machten wir dann eine große Wanderung einmal quer über die ganze Insel, um die Chincana Ruinen zu sehen. Beim letzten Stop in Challapampa kann man gut seinen Snackvorrat auffüllen und leckere Säfte trinken (14km, Camino del Norte). Man kommt während der ganzen Wanderung bei den tollen Aussichten nicht aus dem Staunen heraus.
Am letzten Tag wurden wir dann wieder über Copacabana nach La Paz gebracht. Dort holten wir mit Víctor und seiner Frau Paola eine Stadtführung nach. Sie zeigten uns El Valle de Luna, das Gondelsystem und den Mirador Killi Killi mit einer tollen Aussicht über ganz La Paz und erklärten uns viel über die Geschichte dieser verrückten Stadt.
Nun zu der Frage ob sich die letzten 5 Wochen gelohnt haben: auf jeden Fall! Wir haben zahnmedizisch sehr viel dazugelernt, konnten selbstständig arbeiten und sind immer sicherer in den Behandlungen geworden.
Aber natürlich war es auch eine Erfahrung fürs Leben. Wir haben an den Wochenendtrips viele tolle Dinge gesehen, unter den Einheimischen gelebt, eine ganz andere Kultur und sehr viele tolle Menschen kennengelernt.
Den städtischen Trubel in Santa Cruz und das komplett unterschiedliche und rudimentäre Landleben auf der Isla del Sol mitzubekommen, hat uns ordentlich zum Nachdenken angeregt.
Noch eine wichtige Info: Es ist definitiv wichtig Spanischkenntnisse zu haben. Wir hatten zwar das Glück eine Muttersprachlerin dabei zu haben aber das ist ja eher selten der Fall. Kurz vorher einen Sprachkurs zu absolvieren reicht definitiv nicht aus!
Ein besonderes Dankeschön gilt natürlich Annette von Dentists and Friends, Max Steiner von Hostelling International in Bolivia, Naceira und ihrem Mann, Ronald und Freddy aus der Plataforma, Arturo und Aaron in Sucre, Luís, Víctor und Paola, Nelson und seiner Tochter Cielo.
Außerdem wollen wir uns beim ZAD, Meisinger, Komet, Ivoclar, Septodont, Tokuyama, Voco und Dental Bauer für die nette Unterstützung & die zahlreichen Spenden bedanken. Letztere haben uns die Arbeit deutlich erleichtert und für mehr als 200 zufriedene Patienten gesorgt!
Ella Kurzen und Maria Adam Mata